Meinung/Archiv

Wunderbar

von Harald Pleines

Die Junge Union von Bad Tölz-Wolfratshausen hat unter dem Titel „Danke Edmund“ dem scheidenden bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber eine eigene Homepage eingerichtet. Solche Orte der Danksagungen haben in jenem Landstrich eine gewisse folkloristische Bedeutung. Meist sind solche Wallfahrtsorte aber einem höheren Wesen gewidmet.

Allerdings hat die JU ihren anbetungswürdigen Edmund bereits mit dem Papst verglichen: Was der Papst für die Katholiken, so meinen die jungen Unionisten, sei Stoiber für Bayern. Jugendlicher Unerfahrenheit oder mangelnder Kühnheit ist es wohl geschuldet, dass die Junge Union von Bad Tölz-Wolfratshausen bei ihren Huldigungen vor dem letzten Schritt zurück schreckte: Einleitung eines Verfahrens zur Heiligsprechung von Edmund, dem Stoiber.

Die kleine Formalie, ein oder mehrere Wunder nachweisen zu müssen, fiele in diesem Fall wohl leicht. Ist es nicht ein Wunder, dass sich der große bayerische Landesfürst jenseits seines Herrschaftsgebietes in einer ihm fremden Sprache verständlich machen konnte? Die wenigen Zweifler kommen aus dem Lager der 15 übrigen Bundesländer oder sind unverbesserliche Kabarettisten und engstirnige Sprachpuristen – auf alle Fälle zu vernachlässigen.

Und war es nicht auch ein großartiges Wunder, wie der missionarische Edmund Stoiber vielen Menschen hierzulande seinen Glauben vermittelte, er könne ein hervorragender Bundeskanzler werden?

Dies übertraf er später noch, als er beiden großen Volksparteien glauben machte, ohne einen Superwirtschaftsminister Stoiber komme die Große Koalition in Berlin nicht aus. Und wie selbstlos er dann auf Ruhm und Ehre zugunsten seines lieben Mitbruders Michael Glos verzichtete. Nun denkt jeder, wir hätten einen Bundeswirtschaftsminister – ein weiteres Wunder.

Fürwahr: Edmund muss heilig gesprochen werden.

Jetzt muss nur noch die schuftige Vereinigung gefunden werden, die den lieben Edmund ums Amt gebracht hat. Die Junge Union von Bad Tölz-Wolfratshausen war es gewiss nicht.

Quelle: "Darmstädter-Echo/Echo-Eck" vom 07.08.2007

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