Meinung/Archiv
Jürgen
Klinsmann ist zufrieden. "Die Würfel sind gefallen", sagt er mit schwäbisch-optimistischem
Gesichtsausdruck zu seinem Co-Trainer Jogi Löw und deutet auf den Zettel mit
dem deutschen Aufgebot für die Fußball-Weltmeisterschaft.
"Ja",
sagt der, kratzt sich nachdenklich am Kopf und packt erst mal die Würfel weg.
Sicher,
Kevin Kuranyi und Fabian Ernst werden sich ärgern, aber Regeln sind nun mal
Regeln, und die legt der Bundestrainer fest. "Wer konnte auch schon ahnen,
dass der Klinsi dreimal hintereinander einen Sechserpasch würfelt", grübelt
Löw. Und das bedeutet eben, dass ein junger Fußballer ohne jegliche Länderspielerfahrung
von einem mäßig erfolgreichen Bundesligateam in den Kader genommen wird. Löw
zuckt mit den Schultern. "Schau nicht so griesgrämig" sagt Klinsmann
und knufft Löw aufmunternd in die Seite, "den Hanke hattest du auf deinem
Deckel." Löw zuckt zusammen. "Ach ja", sagt er und denkt mit
Schaudern daran zurück, wie ihm zweimal die Würfel vom Tisch fielen. So darf
der Wolfsburger jetzt immerhin ein Spiel als Bankhocker fest einplanen. Bei den
beiden anderen Vorrundenspielen ist er ja gesperrt.
"Du, Klinsi, meinst du, dass wir das Richtige gemacht haben? Immerhin wird bei der Weltmeisterschaft Fußball gespielt und nicht gewürfelt. Wie stellst du dir denn die Aufstellung bei dem Kader so vor?" Der Bundestrainer lächelt gütig. "Jogi", sagt er mit einem fast mitleidigem Blick, "das ist doch kein Problem - hol die Würfel wieder raus."
Quelle:
"Darmstädter-Echo/Echo-Eck" vom 17.05.2006