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Die Würfel sind gefallen

VON THOMAS BACH

Jürgen Klinsmann ist zufrieden. "Die Würfel sind gefallen", sagt er mit schwäbisch-optimistischem Gesichtsausdruck zu seinem Co-Trainer Jogi Löw und deutet auf den Zettel mit dem deutschen Aufgebot für die Fußball-Weltmeisterschaft.

"Ja", sagt der, kratzt sich nachdenklich am Kopf und packt erst mal die Würfel weg.

Sicher, Kevin Kuranyi und Fabian Ernst werden sich ärgern, aber Regeln sind nun mal Regeln, und die legt der Bundestrainer fest. "Wer konnte auch schon ahnen, dass der Klinsi dreimal hintereinander einen Sechserpasch würfelt", grübelt Löw. Und das bedeutet eben, dass ein junger Fußballer ohne jegliche Länderspielerfahrung von einem mäßig erfolgreichen Bundesligateam in den Kader genommen wird. Löw zuckt mit den Schultern. "Schau nicht so griesgrämig" sagt Klinsmann und knufft Löw aufmunternd in die Seite, "den Hanke hattest du auf deinem Deckel." Löw zuckt zusammen. "Ach ja", sagt er und denkt mit Schaudern daran zurück, wie ihm zweimal die Würfel vom Tisch fielen. So darf der Wolfsburger jetzt immerhin ein Spiel als Bankhocker fest einplanen. Bei den beiden anderen Vorrundenspielen ist er ja gesperrt.

"Du, Klinsi, meinst du, dass wir das Richtige gemacht haben? Immerhin wird bei der Weltmeisterschaft Fußball gespielt und nicht gewürfelt. Wie stellst du dir denn die Aufstellung bei dem Kader so vor?" Der Bundestrainer lächelt gütig. "Jogi", sagt er mit einem fast mitleidigem Blick, "das ist doch kein Problem -  hol die Würfel wieder raus."

Quelle: "Darmstädter-Echo/Echo-Eck" vom 17.05.2006

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