Meinung/Archiv


Überflüssiges

von Paul-Hermann Gruner

Auf Ohrläppchen kann man verzichten, ist immer wieder zu hören. Und wer die gesamte Ohrmuschel entfernt, setzen wir hinzu, also das seitliche Knorpelzeug da, der muss auch die komplizierte Ohrreinigung nicht mehr lernen.

Die Ansicht, die sich in der Ohrläppchen-Bemleererkung manifestiert, ist Teil einer Grundhaltung gegenüber dem menschlichen Körper, entwickelt aus der Hierarchie der Nützlichkeit. Was unnötig erscheint, gilt als Einsparpotenzial beziehungsweise: kann abgeschnitten werden. Die kleinen Zehen, mit denen man auch nur wenig effektvoll winken kann, stehen daher ebenfalls auf der Abschussliste. Zudem werden sie von schick geschnittenem Schuhwerk nur elendig verbogen.

Das mit dem Abschneiden zieht Kreise. Jüngst forderten Mediziner das generelle Beschneiden von Männern, weil es das Aids-Risiko eindämmen könnte. Statt für strikte Sauberkeit zu plädieren, was ja auch erlernbar wäre, soll die Schnippschnapp ran. Vielleicht wittert ja Stihl ein Extra-Geschäft und entwickelt eine feinzahnige Piccolo-Motorsäge. Aber bei all dem ist man nur mäßig verwundert: dass die Vorhaut Sinn und Funktion hat, hat sich ja auch zumindest zweieinhalb Weltreligionen nicht erschlossen, weshalb seit ewigen Zeiten schon herumgeschnippelt wird.

Wir halten dagegen, dass die meisten und größten Infektionen fast immer direkt in den Kopf eindringen. Dort vermehren sich die Gefahren wie in einem Brutkasten, wollen irgendwann wieder heraus und lauern schließlich jedem Menschen gefährlich auf. Da man den Infektionsherd Kopf samt seinen dürftigen Vorstellungen, saublöden Ideen und verrenkten Ideologien nicht ordentlich auswaschen kann, empfiehlt sich eine saubere Kopfentfernung. Gerade terroristischen Gedanken kann mit dieser morphologisch marginalen Körperverkleinerung sehr gut auf den Leib gerückt werden.

Quelle: "Darmstädter-Echo/Echo-Eck" vom 03.05.2007

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