Meinung/Archiv

 


Sensibelchen

von Jens-Jörg Wannemacher

Fußballer sind eine ausgefallene Spezies. Vor allem dann, wenn sie das Trikot mit dem Adler auf der Brust tragen. Fürstlich bezahlt, stets im Fokus der Öffentlichkeit – aber äußerst dünnhäutig. Ihre Kritikfähigkeit haben die Sensibelchen der Nation wohl am Samstag im Luschniki-Stadion in Moskau vergessen.

Der durchaus freundliche Empfang in Hamburg, als 25 000 Zuschauer zum öffentlichen Training kamen, war spätestens am Mittwochabend vergessen, als die Fans das lustlose Gekicke gegen Finnland mit Pfiffen bedachten. Die haben die Sensibelchen um Kapitän Michael Ballack auch zwei Tage danach noch nicht aus den Gehörgängen bekommen. Nun wird bereits darüber philosophiert, wo denn am besten Länderspiele stattfinden sollen. Hamburg mit seinem bekanntermaßen kritischen Publikum ist auf der Hitliste der Nationalspieler ganz tief in den Keller gerutscht.

Zumindest bei den beiden Testspielen im November in Köln und Gelsenkirchen sind die Anhänger der Nationalmannschaft nun aber vorgewarnt. Auch dort wird Bundestrainer Joachim Löw Spieler aus der zweiten Reihe testen. Gut, dass er das schon einmal angekündigt hat. Denn dann darf sich wenigstens keiner beschweren, dass er 80 Euro für ein Ticket bezahlt hat und dann ein lustloses Gebolze sieht wie jüngst gegen Finnland. Für die Nationalspieler ist das freilich keine Garantie gegen Pfiffe.

Die Gefahr, dass die Sensibelchen die Tests gegen Chile oder Ägypten ähnlich lax angehen wie gegen Finnland, ist allerdings eher gering, denn jetzt beginnt der Kampf um die Plätze im WM-Kader.

 Quelle: "Darmstädter-Echo/Sport" vom 17.10.2009  

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