Meinung/Archiv

Zimmer frei für Schweizer

VON UDO DÖRING

Er ist gerecht und gleichzeitig ungerecht.

Die Rede ist vom Fußballgott, mit dem es sich verhält wie mit dem Yeti. Keiner hat ihn je gesehen, aber viele schwören, dass es ihn geben muss. Angaben zu seinem Gerechtigkeitssinn sind in der Regel davon abhängig, ob sie auf der Sieger- oder der Verliererseite gemacht werden. In dieser Woche wollten viele Jünger die Präsenz des Fußballgottes besonders gespürt haben. Was an der Vorweihnachtszeit liegen könnte, noch mehr aber daran, dass DFB-Pokal war - mit den eigenen Gesetzen. Fünf Verlängerungen und drei Elfmeterschießen waren aber nicht nur für Spezialisten auf dem Gebiet der Phrasenpflege ergiebig, sondern auch für die Glaubensforscher im Spiel, das eigentlich 90 Minuten dauert.                          

So gilt seit Dienstag der Beweis als erbracht, dass einem der Fußballgott in höher gelegenen Stadien nicht automatisch näher ist. Weil ein Ball im Elfmeterschießen hinter der Linie landete, ohne vom Schiedsrichter als Tor gewertet zu werden, verlor man auf dem Betzenberg sogar den Glauben an höhere Gerechtigkeit. Was im Falle des 1. FC Kaiserslautern aber schon fast lästerliche Züge hat - nach Monaten voller Leistungen, als sei man von allen guten Geistern verlassen.

Dass man es im Fußball auch mit Fehlentscheidungen zu etwas bringen kann, zeigten die Kollegen vom Bieberer Berg. Die stehen im Viertelfinale. Obwohl Offenbachs Torwart in Rostock die rote Karte dafür sah, dass er dem Kopfstoß seines Hansa-Amtskollegen im Weg stand. Man mag dem Hansa-Torwart zugestehen, dass er kurz vor dem Fest der Liebe einfach nur die Nähe zu Gleichgesinnten suchte.

Sollte er weniger christliche Beweggründe gehabt haben, sei ihm die Liedzeile der Evangelischen Kirche Deutschlands aus einem eigenen Sonderheft zur WM 2006 ans Herz gelegt. "Bewahre uns vor Hooligans und mache sie zu Fußballfans". Ein frommer Wunsch, den auch nicht-religiöse Interessengruppen teilen – wie die Frankfurter Polizei. Der wird singen allein aber wenig helfen bei der für 10. Juni erwarteten Invasion von 100 000 Engländern zum Vorrundenspiel ihrer Mannschaft gegen Paraguay.

Viele davon noch auf der Suche nach einem Bett. Was ihnen 40 Prozent der deutschen Zimmervermieter nicht geben würden. Eine Zahl, die ein Internet-Vermittler für Privatunterkünfte herausgefunden haben will. WM-Gäste aus der Schweiz stehen dagegen in der Beliebtheitsskala ganz oben. Brasilianische Fans wiederum sind bei männlichen Vermietern willkommener als bei weiblichen. Ob das so ist, weil männliche Vermieter dabei auf weibliche Gäste hoffen?

Und ob es Engländern hilft, Schwyzerdütsch zu lernen und bei der Reservierung zu fragen: "Wär hot den Fußball erfund´n ?" 

Das wissen nur die Fußballgötter.

Quelle: "Darmstädter-Echo" am 24.12.2005

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