Meinung/Archiv
Säue im Dorf
„Wir sollten jetzt nicht jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf treiben und die Manschen verrückt machen“ hat Hessens Ministerpräsident Koch Parteifreunde, Arbeitgeber und nahestehende Wirtschaftsexperten ermahnt. Die erste Sau war die Kritik an den Feiertagen. Im Bremer Werk, zählte Mercedes-Chef Hubbert nach, wird drei Tage mehr gearbeitet als im Sindelfingener. Prompt forderten „christliche“ Politiker, Feiertage im katholischen Süden zu streichen. Die nächste Ferkelei steuerte DIHK-Geschäftsführer Wansleben bei: Wir sollen nicht mehr in Urlaub gehen, wenn die Kinder Schulferien haben, sondern „wenn es die Auftragslage erlaubt“. Danach zog Mäster Rogowski (Industriepräsident) mit dem Ruf „eine Urlaubswoche streichen“ durchs Land. Und schon ging´s im Schweinsgalopp weiter: „44 Stunden länger arbeiten, ließ IFO-Chef Sinn seine Sau quieken. Die Sau von DIW-Präsident Zimmermann überholte sie mit „50Wochen-Stunden“ und von der Seite schoss die CSU-Sau mit 160 Stunden Mehrarbeit im Jahr dazwischen. Bald drängelten sich so viele Schweine auf der Straße, dass die Dorfbewohner Angst überkam. Und das war vermutlich die Absicht der Sau-Treiber. Ihre Hoffnung: Wenn am Ende erst mal „nur“ die Sau „längere Arbeitszeit“ übrig bleibt, denken die Bewohner vielleicht: Noch mal Schwein gehabt!
Quelle: "Die Spitze" aus IG-Metall direkt (Ausgabe 13 vom 14.07.2004)