Glückwunsch, Dobrindt!
von Werner Kolhoff
Die Einführung dieser Pkw-Maut ist das dreisteste
Stück Politikunsinn seit sehr vielen Jahren.
Glückwunsch,
Dobrindt!
Bei dem ebenfalls von der CSU durchgesetzten
Betreuungsgeld konnte man wenigstens noch Reste einer rationalen
Begründung erkennen. Hier nicht. Hier ist der Ausgangspunkt eine
schräge Idee aus dem bayerischen Landtagswahlkampf. Am Ende ging es
sogar nur noch darum, die einmal begonnene Dämlichkeit zu Ende zu
bringen, um nicht das Gesicht zu verlieren.
Das Auto stärker an
den Kosten der Infrastruktur zu beteiligen, ist an sich kein
unberechtigter Gedanke. In einigen Nachbarstaaten, darunter
Österreich, hat man sich dafür entschieden und erhebt zusätzlich
zu sonstigen Abgaben wie Kfz-Steuer und Mineralölsteuer Mautgebühren
bei der Autobahnbenutzung. In anderen Ländern, darunter Deutschland,
nicht, weil man findet, dass die Autofahrer schon genug zahlen. Was
die CSU und ihr Verkehrsminister nun haben beschließen lassen, ist
ein Rachezoll gegen Österreich für seine politische
Entscheidung.
Indem jeder Deutsche sein Geld durch eine Senkung
der Kfz-Steuer zurückbekommt, jeder
Ausländer aber nicht,
entsteht eine reine Strafgebühr für Ausländer. Übrigens auch für
jene, die wie die Holländer und Belgier, selbst wiederum keine Maut
erheben. Die werden nun reagieren müssen. Dobrindt zettelt also mit
seinem Gesetz nebenbei so etwas wie einen
Nachbarschaftszoff am
Gartenzaun an. Noch mal Glückwunsch, das hat gerade echt gefehlt in
der EU. Falls der Verkehrsminister mit dem Prinzip Auge um Auge, Maut
um Maut weiter
machen möchte: Als nächstes müsste nun
eigentlich das Tempolimit dran kommen. Warum
haben Österreicher
in Deutschland freie Fahrt, Deutsche in Österreich aber nicht? Das
ist doch unerträglich!
Beschädigt werden zusammengewachsene
Grenzregionen wie Aachen/Maastricht oder
Frankfurt/Slubice. Da
steht jetzt eine Mautmauer, die sich wegen des einseitigen
Vorgehens
der Deutschen noch höher anfühlt, als sie der Höhe
der Abgabe nach ist. Beschädigt wird die
gute Stimmung in
Europa, eigentlich sogar das europäische Prinzip. Vor allem aber
wird
Vertrauen in die Zurechnungsfähigkeit der Politik gestört.
Auch die SPD ist verantwortlich, die sich der Koalitionsdisziplin
beugt, statt den Quatsch zu stoppen. Auch die CDU und die
Kanzlerin,
die die CSU gewähren lässt, statt von ihrer Richtlinienkompetenz
Gebrauch zu
machen. Nicht wenige aus der Koalition hoffen nun,
dass ihr eigener Beschluss vor dem
Europäischen Gerichtshof
scheitert, was nicht unwahrscheinlich ist. Andere, selbst aus
der
CSU, empfehlen, das Problem dadurch zu lösen, dass man
nicht kontrolliert. Es ist ein Gesetz, mit dem sich der Gesetzgeber
zum Kasper macht. Das alles für maximal 500 Millionen Euro Einnahmen
im Jahr. Das sind 25 Kilometer Neubaustrecke. Wahrscheinlich
weniger.
Glückwunsch, Dobrindt.
Übrigens: Wenn es ganz
schief läuft, könnte die CSU ungewollt zur Geburtshelferin
einer
echten, harten Maut werden, die zusätzlich zu zahlen ist.
Denn jetzt ist auch in Deutschland
gesetzlich dafür alles
vorbereitet. Künftige Regierungen müssen eigentlich nur noch an
der
Kfz-Steuerschraube drehen. Mehr braucht es dafür nicht.
Wenn das dereinst geschehen sollte, wird Alexander Dobrindt auch ganz
unironische Glückwünsche bekommen: Von den Grünen.
Quelle: "Trierischer Volksfreund“ am 27.03.2015