von Paul-Hermann Gruner
Das Rauchen wird immer mehr zum zentralen Problem der Republik. Die Hirne laufen heiß. Wie kann endlich dieser Beelzebub ausgetrieben werden, damit sodann Messias komme. Verbieten und Untersagen sind wieder Schwergewichte im regierungspolitischen Handeln. Rauchverbot im Auto? Scheiterte zunächst. Ein lustiger Vorschlag aus Berlin war auch: Verbot des Rauchens in Restaurants und Gaststätten bis 21 Uhr. Wäre ausbaufähig gewesen. Die Idee ist gut.
Der öffentliche Konsum von Bier wird ab März nur noch zwischen 17.30 und 19.25 Uhr in speziell mit Warnaufklebern versehenen Containern hingenommen. Das Einlegen von Musikkassetten in automobilen Abspielgeräten ist nur im Stehen des Fahrzeugs erlaubt oder auf einem kleinen Teilstück der A 33 zwischen Bielefeld und Paderborn, dies aber nur in den zwei Stunden vor Sonnenuntergang, bei niedrigem Verkehrsaufkommen und wenn sich die dort häufigen Nebelbänke (Teutoburger Wald!) bereits mehr als 25 Minuten verzogen haben. Tablettenabhängige müssen sämtliche Psychopharmaka in einem sehr schmalen Zeitkorridor zwischen 9 und 9.30 Uhr einnehmen. Ruckzuckschluck. Beleidigend schlechte Witze dürfen nur noch im Privaten unter der Bettdecke erzählt werden (23 bis 0 Uhr), und das Aufklappen von Pornomagazinen ist nur noch in Gästetoiletten von freistehenden Einfamilienhäusern gestattet (zweimal wöchentlich 20 bis 20.15 Uhr).
Nicht mehr lange, und die Genussraucher werden sich in ihr Tabakskollegium, ihren edel eingerichteten Rauchersalon zurückziehen. Gerne. Wie einst Könige, Offiziere, Wissenschaftler und der Geldadel auf der sich kurzfristig über Wasser befunden habenden Titanic. Und sie werden sich erinnern, dass schon die Avantgarde der Arbeiterbewegung im Rauch der Hinterzimmer ihre Ideen ausheckte. Und so wird man fehlende Logik mit Unlogik bekämpfen und auf die Idee kommen, neue Aufkleber für Tabakwaren zu texten: „Nichtrauchen macht fett! Von 0 bis 24 Uhr.“