Meinung/Archiv


Die Erfolgsmethode

von Paul-Hermann Gruner

leerWegweisende Neuerungen lohnen es immer, das internationale politische Geschehen mit Argusaugen zu verfolgen. Eine fiel nun äußerst angenehm auf: die Ausgangssperre.

Als sie in Bagdad jüngst nächtlich verhängt wurde, hat sie vielen Schiiten und Sunniten, die ansonsten nachts unheimlich gerne mit Sprengstoff unterwegs sind, das Leben gerettet. Keine Bombenanschläge wegen verbotenem Ausgang. Hat ausgezeichnet geklappt. Jetzt muss Bagdad nur noch tagsüber den Ausgang sperren. Dann wird es wunderbar ruhig.

Oder die Vogelgrippe. Hätte die gescholtene Landrätin auf Rügen einfach eine Ausflugssperre für erkrankte Wasservögel über ihren politischen Wirkungsbereich verhängt, hätte der Virus keine Verbreitungschance. Noch besser hätte eine Ausgangssperre für den Virus selbst gewirkt.

Vernünftig wären aber auch Ausgangssperren bei wichtigen politischen oder gesellschaftlichen Veranstaltungen. Man würde sie zum Beispiel gegen Neonazis verhängen. Wir müssen drinnen bleiben, hieße es dann. Probleme beseitigt, Krawalle passé. Man muss es eben nur wollen.

US-amerikanische Stellen, die an dieser Stelle von der Seite hereinrufen und sagen, sie hätten das alles schon, sie wären die ersten gewesen bei der konsequenten Anwendung von Ausgangssperren, nehmen wir nicht ernst. Denn Guantanamo ist keine Einrichtung mit Ausgangssperre, sondern eine Welt ohne Ausgang. Das zählt nicht.

Ausgangssperren werden gefälligst temporär, sogar kurzfristig ausgesprochen. So werden Erfolge draus. Hätte zum Beispiel Jürgen Klinsmann beim Freundschaftsspiel Italien – Deutschland am vergangenen Mittwoch eine Ausgangssperre verhängt für die italienische Mannschaft – sie hätte im gegebenen Falle ihre Spielhälfte einfach für neunzig Minuten nicht verlassen dürfen –, dann wäre das Spiel keinesfalls 4:1 ausgegangen. Huth hätte in Ruhe sein Tor zum 1:0-Endstand gemacht und die Italiener hätten Lehmann die gesamte Zeit über nur aus der Ferne zuwinken können.

Seien wir ehrlich: Nur so wäre letztlich für dieses deutsche Team auch die Weltmeisterschaft zu gewinnen.

Quelle: Darmstädter-Echo/Echo-Eck am 6.3.2006

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