Meinung/Archiv

Er rüttelt wieder

von Paul-Hermann Gruner

Ach, Wolfgang Clement. Beim Zeus. Wir hatten ihn schon ganz vergessen. Was auch gar nicht schwer fiel. Der einstige Superminister für Wirtschaft und Arbeit im Kabinett des ... wie hieß er noch ... des äh ... Gerhard Schröder, richtig – wir vergessen viele in jüngster Zeit –, der war es doch, der immer an alten Besitzständen „rütteln“ wollte, an alten Vorstellungen, an überkommenen Rücksichten und an noch viel mehr. Was ihm dereinst auch an dieser Stelle den Namen Wolfgang Rüttler einbrachte.

Ein sozialdemokratischer Held des Rüttelns. Nach dem Kanzlerwechsel war langes Schweigen. Jetzt hat sich Clement wieder gemeldet. Diesmal rüttelt er an Andrea Ypsilanti. Er warnt - verklausuliert - davor, seine Genossin in Hessen zu wählen. Weil sie die Atomkraft nicht liebt und Steinkohlekraftwerke mit Rekord-CO2-Emissionen ebenfalls nicht rekordverdächtig vernünftig findet. Das lässt den Rüttler nicht ruhen, der inzwischen als Lobbyist auf der Gehaltsliste von Biblis-Betreiber RWE steht, Atommeiler also selbstredend für „sicher“ hält und Kohlekraftwerke für „sauber“.

Es ist immer wieder verwunderlich, wie nachhaltig Gehaltszettel politische Grundhaltungen und Solidaritätsschwüre versenken können. „Wann wir schreiten Seit’ an Seit’“, das alte Arbeiterlied der SPD, das singt der Rüttler aber wahrscheinlich ungerührt weiter unter der Dusche. Wo es niemand hört.

Dabei hätte es auch anders kommen können. Käme Rüttlers Gehaltszettel von BMW, plädierte er für eine fünfte Spur auf der A 5 zwischen Darmstadt und Frankfurt; käme er von Maggi, würde er seine Ernährung auf Suppentüte umstellen; käme er von der Bosch Hausgeräte GmbH, würde er im Kühlschrank wohnen.

Ach, Wolfgang Rüttler. Wir hatten ihn schon ganz vergessen. Zu Recht!

Quelle: "Darmstädter-Echo/Echo-Eck" vom 22.01.2008

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