„Jeder Wein setzt Weinstein an mit der Zeit“, wusste schon Wolfgang von Goethe. Wenn die SPD keine Partei wäre, sondern eine Roséwein-Marke, wären ihr in den letzten Jahren zigtausende Weintrinker abhanden gekommen. Weil das SPD-Produkt durch die Agenda 2010, Hartz IV und andere Verunreinigungen seinen ursprünglichen Geschmack längst völlig verloren hat, der Wein vielen darum ungenießbar erscheint. Falls die Enttäuschten nicht schon Abstinenzler geworden sind fragen sie sich, ob sie nicht mal was anderes probieren sollen. Nur: Was wird denn sonst geboten: Besseres oder Anderes? Oder nur der alte Wein in neuen Flaschen, „Kabinett neoliberal“? Bei den Etiketten „Union“ und „FDP“ finden sich Beimischungen wie höhere Mehrwertsteuer, niedrigerer Spitzensteuersatz, weniger Kündigungsschutz, durchlöcherte Tarifverträge, Streichen der Zuschläge für Feiertags- und Nachtarbeit, geringere Entfernungspauschale oder radikal zusammengestrichene Arbeitsförderung bei der Bundesagentur für Arbeit. Als hätten die Menschen nicht längst genug sauren Wein verabreicht bekommen… Aber es steht ja schon in der Bibel: „Wenn die Gäste trunken sind, kommt der (noch) schlechtere Wein.“ Wahrscheinlich merken es die meisten aber erst, wenn sie einen dicken Kater haben.
Quelle: "Die Spitze" aus IG-Metall direkt (Ausgabe 13 vom 13.07.2005)